Von Cornflakes, Cola und Kohlrabi

Herderschüler informieren sich bei der Gießener Tafel

Cornflakes, Cola oder Kohlrabi – welches von diesen drei Lebensmitteln ist ungeöffnet am längsten haltbar, selbst wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum bereits abgelaufen ist? Mit praktischen Fragen wie dieser wurden 17 Siebtklässler der Herderschule, die am Mittwoch, den 15. Februar, mit ihrem evangelischen Religionskurs und der Lehrerin Cornelia Stoy die Tafel in Gießen besuchten, konfrontiert. Seit 2005 werden bis zu 3800 Menschen von der Tafel Gießen überwiegend mit Lebensmitteln unterstützt, darunter 1400 Kinder.  Als Trägerschaft fungiert das Diakonische Werk. „Ich war überrascht, dass dort über 300 Menschen ehrenamtlich arbeiten und anderen Menschen helfen“, erklärt Antonia, eine Schülerin der 7. Klasse. „Aber es ist schade, dass so viele Lebensmittel nur wegen kleiner Makel direkt weggeschmissen werden.” Nahrungsmittel, die von Supermärkten oder Bäckereien aussortiert werden, da zum Beispiel das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, nimmt die Tafel an, um sie an Bedürftige zu verteilen. Und auch wenn bereits 14 Organisationen wie die Bahnhofsmission oder die Aidshilfe damit unterstützt werden, stehen immer noch 600 Personen allein bei der Tafel auf der Warteliste; Tendenz steigend.

Anna Conrad, Leiterin der Tafel, stellte den jugendlichen Besuchern aber auch weitere Projekte vor: So gibt es seit 2021 Einschulungspatenschaften für 100 Kinder, bei denen die neuen Erstklässler mit Ranzen, Schulmaterialien, passender Kleidung und –  vor allem - auch einer Schultüte ausgestattet werden. Die Idee sei Conrad gekommen, als sie das Foto eines Kindes am Tag seiner Einschulung gesehen habe. Doch statt einer Schultüte hielt das Kind eine Plastiktüte in der Hand. „Alle sollen die gleiche Chance zur Teilhabe an der Gesellschaft haben“, so Conrad. Dieses Motto bildet auch die Basis für den „Herzenswunschbaum“ in der Weihnachtszeit, bei denen Kinder aus sozial schwachen Familien einen Wunsch erfüllt bekommen, einen Herzenswunsch wie etwa Spielzeug. „Denn in den letzten Jahren wurden immer mehr Wünsche wie Mütze, Handschuhe und warme Jacken geäußert.“ Dies zeige, dass die Zahl der Bedürftigen unter uns stetig steige.

Mit vielen Denkanstößen und Tipps für den Alltag im Gepäck verabschiedeten sich die Schüler, für die es auch in nächster Zeit praktisch weiterging:

Die Siebtklässler sollen im Rahmen des Religionsunterrichts in Kleingruppen bei einem Einkauf mit einem begrenzten Budget von 10 Euro möglichst viele gesunde Lebensmittel als 3-Tages-Ration kaufen, die danach der Tafel auf eigenen Wunsch gespendet werden. Ziel war es dabei, ein Gefühl für den Wert der Nahrungsmittel entwickeln – und Dankbarkeit für das, was dem Großteil von ihnen tagtäglich bedenkenlos zur Verfügung steht.

Auf die Frage, was er dadurch gelernt hat, antwortet Marc:

„Dass ich mich glücklich schätzen kann, dass ich im Supermarkt einfach ins Regal greifen und ohne auf den Preis zu achten Lebensmittel rausnehmen kann. Ich dachte immer, dass man mit 10€ einfach für 3-Tage einkaufen kannst, man muss aber bei manchen Dingen dreimal überlegen ob man es kaufen kann. Ich finde es auch krass, wie viele Leute auf Dinge verzichten müssen, die sie eigentlich gern haben z.B. Lebensmittel.“

Schulleiter Stefan Tross begrüßt Aktionen und Exkursionen wie diese, soll doch durch das neue Schulgesetz die Kooperation der Schulen mit Hilfsorganisationen ausdrücklich gefördert werden. „Es ist sinnvoll, dass die Schülerinnen und Schüler praktische Erfahrungen sammeln und Verantwortungsbewusstsein entwickeln. Nur so kann eine Gemeinschaft gut funktionieren.“